BMBF: 6G-Industrieprojekte zur Erforschung von ganzheitlichen Systemen und Teiltechnologien für den Mobilfunk der 6. Generation

Quelle: BMBF

Richtlinie zur Förderung der „6G-Industrieprojekte zur Erforschung von ganzheitlichen Systemen und Teiltechnologien für den Mobilfunk der 6. Generation“ im Forschungsprogramm für Kommunikationssysteme „Souverän. Digital. Vernetzt.“, Bundesanzeiger vom 13.09.2021

1 Förderziel und Zuwendungszweck

Die Fördermaßnahme ist Teil des neuen Forschungsprogramms der Bundesregierung zu Kommunikationssystemen „Souverän. Digital. Vernetzt.“, in dem die gezielte Unterstützung und der Ausbau der Forschung und Entwicklung des Mobilfunks der 6. Generation (6G) in Deutschland ein wesentliches Handlungsfeld zur Umsetzung der strategischen Ziele des Programms darstellt. Aktuelle internationale Entwicklungen zur Erforschung von 6G weltweit weisen darauf hin, dass 6G zu einer Schlüsseltechnologie werden wird. Mit der Erforschung des zukünftigen Kommunikationssystems 6G leistet die Fördermaßnahme einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Zukunftskompetenzen Deutschlands im Rahmen der Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung. Da Kommunikationssysteme integraler Bestandteil und Voraussetzung jedweder Digitalisierung sind, hat das Programm Berührungspunkte zu zahlreichen weiteren laufenden oder geplanten Strategien und Programmen der Bundesregierung und ihren Ressorts. Bezüge bestehen insbesondere zu den Forschungsprogrammen zur IT-Sicherheit, zur zivilen Sicherheit, zur Industrie 4.0, zur Medizintechnik, zum autonomen und vernetzten Fahren, zur Mikroelektronik, zu interaktiven Technologien, zu Quantentechnologien sowie zur Zukunft der Wertschöpfung.

Ziel der Fördermaßnahme ist es, einen wichtigen Schritt hin zur technologischen Souveränität Deutschlands und Europas zu gehen. Ein Beitrag zur technologischen Souveränität soll durch den Ausbau der Forschung und Entwicklung zu Schlüsseltechnologien für zukünftige Kommunikationssysteme, Know-how-Ausbau in der Wirtschaft, Fachkräfteausbildung und Mitgestaltung in der Standardisierung geleistet werden. Anspruch ist es, in diesem Forschungsfeld an der Spitze der bereits anlaufenden internationalen Forschung zu agieren und frühzeitig den Transfer in die Anwendung vorzubereiten. Deutschland und Europa müssen 6G maßgeblich mitgestalten, frühzeitig technologische Grundlagen entwickeln und patentrechtlich schützen und somit das Fundament dafür legen, bei dieser Schlüsseltechnologie mit innovativen und international wettbewerbsfähigen Produkten wichtiger Akteur am globalen Markt zu werden. Mit der Maßnahme soll somit ein wichtiger Beitrag dazu geleistet werden, dass Deutschland in der Weltspitze als Technologieanbieter wieder eine führende Rolle einnimmt. Für die Forschung, die Entwicklung und vor allem den Transfer von 6G im Sinne von technologischer Souveränität ist ein holistischer Systemansatz maßgeblich für den Erfolg. Das 6G-Ökosystem umfasst deshalb alle Technologieebenen, d. h. die Material-, Komponenten-, Mikroelektronik-, Modul- und Netzebenen (einschließlich IT-Sicherheit, Software und künstliche Intelligenz). Das Gesamtsystem muss entwickelt, demonstriert und validiert werden. Ergänzend wird auch die explorative Forschung zu den für 6G relevanten Teiltechnologien unterstützt, um eine besonders hohe Technologietiefe und -diversität zu erreichen. Kooperationen bei der Validierung der 6G-Technologien mit den 6G-Forschungs-Hubs zur Hebung von Synergien sind anzustreben. Eine angemessene Mitarbeit an übergreifenden Fragestellungen in Arbeitsgruppen der 6G-Plattform ist verpflichtend. Damit Deutschland auf gleicher Ebene mit anderen nationalen 6G-Programmen agieren und im Wettbewerb bestehen kann, sind staatliche Zuwendungen erforderlich.

Der Zweck der Zuwendungen ist es, schlagkräftige industriegeführte Verbundprojekte und kompakte Pionierprojekte dabei zu unterstützen, umfassende Forschung zu grundlegenden Technologien für 6G und begleitend zu der dafür notwendigen fasergebundenen Kommunikation (Backbone) vorzubereiten. Dabei sollen Gesamt- bzw. Teilsysteme für 6G in einer üblichen Projektlaufzeit von drei Jahren auf allen erforderlichen technologischen Ebenen erforscht, entwickelt und demonstriert werden. Hierzu ist eine dem Vorhaben angemessene Methodik zu verwenden und es sind die im Projekt erzielten Ergebnisse geeignet zu evaluieren, zu bewerten, zu publizieren und für die weitere Verwertung vorzubereiten.

Mit der Maßnahme soll im Ergebnis erreicht werden, dass wissenschaftliche und wirtschaftliche Akteure aus Deutschland bei der Ausgestaltung der technologischen Grundlagen von 6G im weltweiten Vergleich eine starke Rolle einnehmen. Diesbezügliche Indikatoren sind u. a.: Anzahl von 6G-relevanten Patenten, Anzahl unter deutscher Mitwirkung entstandener Beiträge zu Standardisierungsgremien für 6G, Anzahl der multilateralen Kooperationen zu 6G mit anderen Staaten (die die demokratischen Grundsätze der EU teilen), Wachstum des Forschungs- und Entwicklungs-Personals in der Telekommunikationsbranche, die Berücksichtigung von deutschen Interessen bei der Frequenzregulierung, Erhöhung der Produktvielfalt bzw. Herstellerdiversität für Netzausrüstung („Made in Germany“ oder in Europa gefertigt), Steigerung des Anteils von in Deutschland und Europa hergestellten Netzkomponenten in der deutschen Mobilfunkinfrastruktur (samt Kernnetz) und Anreize zu schaffen, Netzkomponenten in Deutschland zu fertigen. Die Ergebnisse der Fördermaßnahme sollen dabei helfen, die Abhängigkeit bei Schlüsselkomponenten von außereuropäischen Herkunftsländern in Lieferketten weitestgehend zu reduzieren. So soll die Innovations- und Wertschöpfungskette möglichst durchgängig im deutschen und europäischen Raum verbleiben. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zur technologischen Souveränität Deutschlands und Europas geleistet werden. Auch die Folgen der Corona-Pandemie sollen für die Unternehmen abgeschwächt werden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen und die Weichen für ein starkes Ökosystem für Netztechnologien zu stellen.

2 Gegenstand der Förderung

Gefördert werden Verbundprojekte,

  • die sich aus schlagkräftigen Konsortien zusammensetzen, die aufgrund ihrer beteiligten Stakeholder aus der Telekommunikationsindustrie, Anwenderindustrien und Industrieverbänden einen starken Einfluss auf die internationale Mobilfunkstandardisierung und -regulierung ausüben können, und sich der Erforschung und Entwicklung einer ganzheitlichen 6G-Architektur und der dafür notwendigen Technologien im Rahmen von zukunftsweisenden Anwendungsszenarien widmen,
  • in denen die Partner sich ergänzende Module für ein flexibles 6G-Gesamtsystem mit offenen Schnittstellen entwickeln, um die Produktvielfalt zu stärken und gleichzeitig attraktive Angebote für Anwenderindustrien zu schaffen (für die Konsortien der Verbundprojekte ist eine Struktur zu wählen, die unternehmensseitig im technologischen Schwerpunkt junge Unternehmen und KMU aufweist und welche durch weitere notwendige Stakeholder wie zuvor beschrieben ergänzt wird),
  • die sich auf einzelne erfolgversprechende Themenschwerpunkte für ein zukünftiges 6G-System konzentrieren und als Pionierprojekte die zuvor genannten Projekte für 6G-Gesamtsysteme flankieren.

Gegenstand der Förderung sind innovative Lösungen, mit denen sich in geeigneter Zusammenstellung ganzheitliche Systeme und einzelne erfolgversprechende Themenschwerpunkte für den Mobilfunk der 6. Generation realisieren lassen. Themenschwerpunkte sind z. B.:

  • Konzepte für öffentliche und nichtöffentliche Mobilfunknetze, die speziell auf zentrale Industriezweige Deutschlands zugeschnitten sind,
  • hochleistungsfähige Funkschnittstellen in Bezug auf Datenrate, Spektrumsnutzung, Zuverlässigkeit, Latenz und Energieverbrauch,
  • Technologien und Ansätze für resiliente, sichere und hochzuverlässige Kommunikationssysteme,
  • Konzepte für Flächenabdeckung durch ultrabreitbandige intelligente und aktiv anpassbare 6G-Antennensysteme für Gigahertz- und Terahertz-Frequenzbereiche,
  • tiefe Integration von KI-Technologien zur Netzsteuerung und -optimierung sowie in Übertragungsverfahren und Signalverarbeitung,
  • Mobilfunknetze als Infrastruktur für mobile, netzunterstützte KI- und Rechendienste,
  • neue Netztopologien und Systemarchitekturen, beispielsweise zur Umsetzung industrieller Anwendungsfälle,
  • innovative Sharing-Konzepte zur effizienteren Nutzung des Spektrums,
  • Unterstützung von neuer, agiler Mensch-Maschine-Interaktion und von personenbezogenen telemedizinischen Anwendungen,
  • Nutzung von Quantentechnologien für die Verbesserung klassischer Kommunikationssysteme,
  • flexible, modulare, skalierbare und programmierbare Infrastrukturen, z. B. hinsichtlich einer vertrauenswürdigen Architektur,
  • Netzoptimierung der Ressourcen- und Energieeffizienz,
  • Individualisierung der Funkumgebung durch intelligente, rekonfigurierbare Oberflächen,
  • Nutzbarmachung von höheren Frequenzen im Millimeterwellen- und (Sub)Terahertzbereich, auch für den mobilen Funkzugang,
  • optische Hochgeschwindigkeitsnetze und photonisch-elektronische Integration für Kommunikationssysteme,
  • Konzepte für hohe Lokalisierungsgenauigkeit im Zentimeterbereich und die sensorische Erfassung der Umwelt mittels Kommunikationstechnologien (z. B. in der Produktion),
  • Technologien, um abgelegene ländliche Gebiete besser versorgen zu können, wie z. B. die Integration von nicht-terrestrischen Kommunikationsnetzen,
  • drahtlose Technologien, die eine hohe elektromagnetische Verträglichkeit aufweisen bzw. Alternativen für die Funkkommunikation darstellen, wie z. B. die optische Drahtloskommunikation im sichtbaren Licht.

Die genannten Themenschwerpunkte sind als Beispiele zu sehen. Weitere nichtgenannte Schwerpunkte mit hoher Relevanz für 6G können ebenfalls adressiert werden.

Als grundlegende Querschnittsthemen sollen von den Verbundprojekten die Themen Security by Design (unter Berücksichtigung möglicher Angriffe mittels Quantencomputern), Nachhaltigkeit, hier insbesondere im Sinne der Energieeffizienz, Datensparsamkeit, Langlebigkeit und ressourcenschonenden Instandhaltung, möglichst geringer Strahlenexposition und möglichst hoher gesellschaftlicher Akzeptanz mit Bezug zu den untersuchten Themenschwerpunkten erforscht werden. Darüber hinaus zählen Normung, Frequenzregulierung und Vorbereitung der Standardisierung zu weiteren wichtigen Querschnittsthemen, die im Kontext der Projektarbeiten themenbezogen adressiert werden müssen.

Um die Wirkkraft der 6G-Initiative zu erhöhen, sind die Verbundprojekte verpflichtet, mit der begleitenden 6G-Plattform zu übergeordneten Fragestellungen wie z. B. Roadmapping, 6G-Architekturdefinitionen, Anforderungsdefinitionen relevanter zukünftiger Anwendungsfälle, Harmonisierung mit internationalen Stakeholdern in der 6G-Entwicklung, Festlegung von 6G-Funkfrequenzen oder zu standardisierungsrelevanten Vorabstimmungen zusammenzuarbeiten. Die Konsortialleiter werden in die Arbeit der 6G-Plattform in geeigneter Form eingebunden. In den Arbeitsplänen aller Verbundprojekte sind entsprechende Ressourcen vorzusehen.

Die Einreichung von Projektskizzen ist bis zum 6. Dezember 2021 möglich.

Die vollständige Richtlinie des BMBF finden Sie hier.