MPE: Neue Membranspiegel für große Teleskope im All

© Sebastian Rabien, MPE

© Sebastian Rabien, MPE

Leichte, flexible Spiegel könnten beim Raketenstart aufgerollt und im Weltraum präzise wieder in Form gebracht werden.

Forscher des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik haben eine neue Methode zur Herstellung und Anpassung großer, hochwertiger Spiegel entwickelt, die viel dünner sind als herkömmliche Spiegel für Weltraumteleskope. Die so entstandenen Spiegel sind so flexibel, dass sie aufgerollt und kompakt in einer Trägerrakete verstaut werden könnten.

 

„Der Start und die Inbetriebnahme von Teleskopen im All ist ein kompliziertes und kostspieliges Verfahren“, sagt Sebastian Rabien vom MPE. „Dieser neue Ansatz – der sich stark von den üblichen Verfahren zur Herstellung und zum Polieren von Spiegeln unterscheidet – könnte dazu beitragen, die Probleme in Bezug auf Gewicht und Verstauen in der Rakete zu lösen.“ Damit könnten viel größere und damit empfindlichere Teleskope in die Umlaufbahn gebracht werden.

Das neue Verfahren wurde während der COVID-19-Pandemie entwickelt, als Rabien nach eigenen Angaben etwas mehr Zeit zum Nachdenken und Ausprobieren neuer Konzepte hatte. Die neue Technik: Die Spiegel wachsen, wenn sich chemischer Dampf auf einer rotierenden Flüssigkeit in einer Vakuumkammer ablagert. Prototypen derartiger Membranspiegel in Parabelform mit einem Durchmesser von bis zu 30 cm wurden erfolgreich hergestellt und somit die die Durchführbarkeit der Methode demonstriert. „Damit wurde die Grundlage für größere, verformbare Spiegelsysteme geschaffen, die weniger teuer sind als üblich“, fügt Rabien hinzu.

Für die Abscheidung werden monomere Moleküle erzeugt, die sich in einer Vakuumkammer auf der Oberfläche ablagern und zu einem Polymer verbinden. Dieses Verfahren, das üblicherweise zum Aufbringen von Beschichtungen verwendet wird, um z. B. Elektronik wasserfest zu machen, wurde nun erstmals eingesetzt, um Membranspiegel in Parabelform mit den für den Einsatz in Teleskopen erforderlichen optischen Eigenschaften herzustellen. Der Clou: ein rotierender Behälter, der mit etwas Flüssigkeit gefüllt ist. Durch die Rotation bildet sich eine perfekte Parabelform – damit ist „Vorlage“ erschwinglich und leicht kann auf Großformate skaliert werden. Sobald das Polymer dick genug ist, wird auf der Oberseite eine reflektierende Metallschicht aufgebracht und die Flüssigkeit abgewaschen.
Der so hergestellte dünne und leichte Spiegel kann für die Reise ins All einfach zusammengefaltet oder aufgerollt werden. Allerdings wäre es fast unmöglich, ihn nach dem Auspacken wieder in die perfekte Parabelform zu bringen. Die Forscher entwickelten daher eine adaptive Methode, um die Form basierend auf einer lokalisierten Temperaturänderung zu kontrollieren. Die Temperatur wird dabei durch eine räumlich variable Lichtprojektion gesteuert.

Als Nächstes wollen die Forscher die adaptive Steuerung noch weiter verfeinern, um herauszufinden, wie gut die endgültige Oberfläche angepasst werden kann und welches Maß an Verformung tolerierbar ist. Außerdem wollen sie eine Beschichtungskammer bauen, in der Spiegel mit einem Durchmesser von bis zu einem Meter gefertigt werden können. Damit können Oberflächenstruktur sowie der Prozess zur Verformung und Entfaltung für einen großen Primärspiegel besser untersucht werden.

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Kontakt:
Sebastian Rabien
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
Gießenbachstraße 1
85748 Garching
E-Mail: srabien(at)mpe.mpg.de
Internet: www.mpe.mpg.de